Gerry Ehrmann: Der Tarzan aus der Pfalz

Gerald Ehrmann verkörpert für viele das Idealbild des deutschen Torhüters. Ein wenig verrückt, ein wenig prollig, ohne Rücksicht auf Verluste bei Eins-zu-Eins-Situationen, hin und wieder tollpatschig aber durch den unermüdlichen Einsatz und die Identifikation mit dem Verein bei den Fans unglaublich beliebt. Insgesamt 6 Torhüter aus seiner legendären Flugschule spielen heute auf Bundesliganiveau, eine respektable Leistung. Dabei sind die Trainingsmethoden des Pfälzer Idols nichts für schwache Nerven.

Gerald Ehrmann ist seit 1996 Torwarttrainer beim 1.FC Kaiserlautern, dem Verein, bei dem er den Großteil seiner Karriere im Tor gestanden hat. Bereits seit 1984 hält er dem FCK die Treue und gilt dafür bei den Anhängern der Roten Teufel als „Chuck Norris aus der Pfalz“. Mit seinen einmaligen Übungsmethoden (Vollspannschüsse aus 5 Meter Entfernung, Sprünge über herumstehende Fahrräder) und seinen lockeren Sprüchen („Es ist noch keiner vom Ball erschossen worden“) ist er über die Jahre zu einer Legende auf dem Betzenberg geworden.

In Kaiserslautern betreibt Ehrmann eine Torwartschule, die legendäre „Gerry Ehrmann Flugschule“. Hier werden bereits C-Jugendliche hart rangenommen. „Einmal die Woche geht’s ans Eingemachte, da kommt auch mal die Bleiweste zum Einsatz“, so Ehrmann. Mit Erfolg: Aus der Schule gingen die Spitzentorhüter Roman Weidenfeller, Tim Wiese, Florian Fromlowitz, Tobias Sippel, Luis Robles und Kevin Trapp hervor, eine bemerkenswerte Bilanz. Alle Keeper vereint ein besonderes Merkmal: Sie sind irgendwie alle wie der Gerry Ehrmann, der selbst in den 90ern im Tor stand. Porschefahrer, durchtrainiert, solariumgebräunt, frisiert und mit Halskettchen – und allesamt großartige Torhüter, besonders bei Reflexen bei Schüssen aus naher Distanz – kein Wunder, wenn man Ehrmanns Trainingsmethoden betrachtet.

Ehrmann wuchs in Tauberbischofsheim auf und reifte beim örtlichen TSV zum Torwarttalent. 1977 kam dann der große Sprung. Als Ersatztorwart wurde Ehrmann vom 1.FC Köln verpflichtet, kam in 7 Jahren bei den Geißböcken aber nur zu 2 Pflichtspieleinsätzen. 2 DFB-Pokal-Siege und 1 Meisterschaft feierte Ehrmann mit dem FC, allerdings ohne selbst zwischen den Pfosten gestanden zu haben. Nationalkeeper Harald Schumacher war zu diesem Zeitpunkt einfach noch eine Nummer zu groß für Ehrmann, unter ihm reifte er jedoch nach und nach zum Spitzenkeeper. Ehrmann trainierte dabei auch mit Rolf Herings, einem der besten deutschen Speerwerfer, und Trainer von Spitzenkeepern wie Toni Schumacher und Bodo Illgner. Von ihm hat Ehrmann viel gelernt, auch für seine heutige Position als Torwarttrainer.

Als der 1.FC Kaiserslautern für die Saison für die Saison 1984/85 einen Nachfolger für Ronnie Hellström sucht, ist Ehrmanns Zeit gekommen. In den folgenden Jahren ist Ehrmann die Nummer 1 im Tor auf dem Betzenberg. Da er doch immer wieder Unsicherheiten im Tor zeigt und ihn Verletzungen zurückwerfen, steht seine Position mehrfach zur Diskussion. Michael Serr wird zeitweise vorgezogen, doch letztendlich ist es wieder „Tarzan“, wie die Pfälzer ihr Torwartidol dank seiner Flugeinlagen tauften, der immer wieder zurück im Kasten des FCK ist. Ehrmann kämpft um seinen Platz und sich mit seinem leidenschaftlichen Auftreten in die Herzen der Fans. Der eigene Strafraum als Art Revier, das es zu verteidigen gilt, ohne Rücksicht auf Verluste beim Duell gegen den Angreifer, erstklassige Reflexe auf der Linie, dafür einige Schwächen bei hohen Flanken. Die unermüdliche und uneigensinnige Aufopferung für das Team machen Ehrmann zum Kult-Keeper.

Als 1993 im bereits 10. Jahr Claus Reitmaier von den Stuttgarter Kickers in die Pfalz geholt wird, muss dieser miterleben, welchen Einfluss die Fans im Verein haben. Den Anhängern missfällt Reitmaiers Vorzug gegenüber Ehrmann und sein arrogantes Verhalten. Er muss schließlich dem Druck der Öffentlichkeit nachgeben und verkündet im Halbzeitinterview vorzeitig seinen Abschied. Gerry Ehrmann ist wieder die Nummer 1 und wird damit zum Trauma für Reitmaier. Dieser wechselt nach Karlsruhe und spielte dort kurioserweise mit dem Schriftzug des Joghurtherstellers „Ehrmann“ auf dem Trikot.

Gerry Ehrmann gewinnt mit dem FCK 1990 den DFB-Pokal und 1991 die deutsche Meisterschaft. Beim 2. Pokalsieg der Lauterer 1996 ist er dann nur noch Ersatzkeeper. Andreas Reinke schafft, was Serr und Reitmaier nicht erreichen konnten, er drängt Ehrmann nach dessen Verletzung aus dem Tor. Der Gewinn des Pokals hat einen weiteren bitteren Beigeschmack, denn in der gleichen Saison müssen die Lauterer absteigen, die Tränen von Andi Brehme im Arm von Kumpel Rudi Völler sind bis heute unvergessen. Gerry Ehrmann beendet seine Karriere nach nochmals 9 Spielen in Liga 2 (dazu 294 in Liga 1), sitzt aber 2 Jahre später noch mehrfach vielumjubelt als Ersatztorwart auf der Auswechselbank der Pfälzer, als sich Petr Kouba verletzt und kein dritter Torhüter zur Verfügung steht. Lautern gelingt der sofortige Wiederaufstieg und der Gewinn der Meisterschaft als Aufsteiger 1998. Ehrmann bleibt der Bühne Bundesliga erhalten, als Torwarttrainer des FCK.

Zu seinen Schülern pflegt Ehrmann einen väterlichen Umgang. „Sie können mich auch gerne nachts anrufen, wenn sie Probleme haben“ so Ehrmann. Gemacht habe dies aber bisher keiner. So ruhig wie seine Schüler war Ehrmann aber als Aktiver nicht. Sein lockeres Mundwerk und sein leicht prolliges Auftreten sorgen für Wirbel. Nach einer Niederlage gegen CD Alaves im UEFA-Cup-Halbfinale im Jahr 2001 bezeichnet Ehrmann die Gegner als „schwule Hunde“, vor laufender Kamera wohlgemerkt. Über sein eigenes Team urteilte er nebenbei „Ihr spielt wie Schwuchteln, wie Mädchen!“. Ein „Ich hau Dir auf die Fresse, du Asi!“ zu Sergej Barbarez ist ebenso überliefert wie die Schlägerei mit Mitspieler Axel Roos im Trainingslager des FCK.

Auch wenn nach seiner Meinung in den heutigen Spielen „der Hass fehlt“, Gerry Ehrmann ist durch seine Vereinstreue, seine ungewöhnlichen und erfolgreichen Trainingsmethoden und sein herrliches Auftreten eine Legende, nicht nur beim FCK.

 

Kevin Trapp und Marco Knaller bei Gerrys Flugschule

Das ist Gerald „Gerry“ Ehrmann

Geburtstag: 18. Februar 1959
Nationalität: Deutschland
Bundesligavereine: 1.FC Köln,1.FC Kaiserslautern
Bundesligaspiele: 294
Bundesligatore: 0
Länderspiele: 0
Länderspieltore: 0
Platzverweise: 2
Titelgewinne: Deutscher Meister 1978, 1991. DFB-Pokal-Sieger 1978, 1983, 1990, 1996.

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4 Kommentare

  1. 2001 gegen Alaves war nicht Quali, das war Halbfinale!

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