Er gewann 2004 mit Werder Bremen das Double, wurde im gleichen Jahr Torschützenkönig und als erster Ausländer „Fußballer des Jahres“ in Deutschland. Dank seiner Interviews in gebrochenem Deutsch, in denen er über sich stets in der dritten Person spricht, seiner Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor und seiner extrovertierten Frohnatur gilt er bis heute als Publikumsliebling weit über die Stadtgrenzen Bremens hinaus. Doch aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten und durchschnittlich 2 Vereinen pro Saison hat der Ruf des „Kugelblitz“ in den letzten Jahren enorm gelitten. Anfang 2012 zieht er sogar ins RTL Dschungelcamp.
Ein Wandervogel war Ailton schon vor seiner Zeit in Deutschland. Als die Verantwortlichen von Werder Bremen ihre Entdeckung 1998 der Presse vorstellen, hat der damals 25-Jährige bereits bei 6 Vereinen unter Vertrag gestanden. Nach einer erfolgreichen Zeit in seiner brasilianischen Heimat wechselte er vom mexikanischen Erstligisten UANL Tigres über den großen Teich an die Weser. In einer Zeit, in der in Bremen jeder zweite Transfer flopte und man sich die erfolgreichen Zeiten unter Otto Rehhagel zurückwünschte, hatte Ailton letztendlich einen großen Anteil, dass es fortan für Werder wieder bergauf gehen sollte.
Dabei sah es zu Beginn alles andere als nach einer erfolgreichen gemeinsamen Zeit aus. Von Wolfgang Sidka verpflichtet, kam Ailton unter dessen Nachfolger Trainer Felix Magath überhaupt nicht in Fahrt. Nur 2 Tore in der ersten Saison, sprachliche Eingewöhnungsprobleme und der Vorwurf von mangelnder Fitness, schon schnell sprach man vom „Pudding auf Beinen“, den Werder da verpflichtet hatte. Als man sich jedoch an den etwas pummelig wirkenden Körperbau von Ailton gewöhnt hatte, Magath durch Thomas Schaaf ersetzt hatte, schlug schließlich auch seine Stunde und der Durchbruch gelang.
In der Saison 1999/2000 traf Ailton 12x für Werder, in den Jahren darauf avancierte er mit 13, 16 und nochmals 16 Treffern zu Mr.Zuverlässig im Bremer Sturm. Auf dem Höhepunkt der Karriere gelang den Grün-Weißen schließlich 2003/04 das Double und Ailton hatte großen Anteil daran. Sein Tor zum 3-0 im vorentscheidenden Meisterschaftsspiel bei den Bayern bedeutete ein großen Schritt in Richtung Titelgewinn und auch im Pokal traf „Toni“ mehrfach. Ailton wurde mit 28 Treffern Torschützenkönig der Bundesliga und zum Fußballer des Jahres gewählt. Das Interview nach dem Titelgewinn ist auch heute noch ein Renner bei jedem Saisonrückblick.
Auf dem Höhepunkt seiner Karriere liebäugelte Ailton wie jeder Spitzenfußballer mit einer Chance in der Nationalmannschaft. Als ihm diese von den brasilianischen Verantwortlichen aber verwährt wurde, wollte Ailton erst für Deutschland auf Torjagd gehen, dies blieb aufgrund von fehlenden Verwandschaftsverhältnissen durch die FIFA ebenso untersagt wie eine Einbürgerung in den Wüstenstaat Katar.
Insgesamt 6 Jahre blieb Ailton den Bremern treu, ist bis heute unvergessener Publikumsliebling an der Weser, auch weil er neben durchschnittlich einem Tor in jedem zweiten Spiel gefühlt mindestens doppelt so häufig im Abseits vom Linienrichter ausgebremst wurde. Seine Geschwindigkeit mit und ohne Ball, dazu ein wuchtiger Körper als Vorteil für das Laufduell, Abgeklärtheit vor dem Tor. Ailton machte seinem Spitznamen „Kugelblitz“ alle Ehre.
Noch heute munkeln böse Zungen, dass sein Abschied von der Weser 2004 in Richtung Schalke 04 der Knackpunkt in der Karriere gewesen sein könnte. Denn obwohl er den finanziellen Verlockungen der Schalker erlag und 2004/05 für die Königsblauen 14 Treffer in 29 Spielen erzielen konnte, die äußeren Umstände im Verein waren weniger behutsam als in der beschaulichen Hansestadt und leiteten den langsamen Untergang seiner Karriere ein. Ailton zerstritt sich mit den Verantwortlichen und so nahmen die Schalker das Angebot von Besiktas Istanbul mit Freude an und verkauften Ailton nach nur einer Saison für 3,5 Mio. Euro an den Bosporus.
Dabei hätte man ahnen können, dass Ailton Extravaganz liebt und lebt. Highlights: Das Nacktvideo aus dem Ausnüchterungsbecken nach dem Gewinn der Meisterschale, ein Foto für die SportBild, auf dem nur die Meisterschale Ailtons Intimbereich bedeckt. Seine Äußerungen zum Thema „Passiv-Sex“ („Totale Konzentration auf Fußball. Ohne Sex, ohne Bumbum. Orgasmus gibt es nur, wenn ich ein Tor schieße. Tor. Bumbum. Ailton ist wieder da“) oder seine kostspielige Vorliebe für Rodeo und Rinderzucht, zeigen einerseits seinen Humor, andererseits seine Naivität im Umgang mit Medien und Beratern. Insbesondere letztere brachten Ailton rückblickend in eine karrierezerstörende Situation. Das Leben zu extravagant, die Ausgaben höher als die Einnahmen, falsche Investments. Ailton schaffte es nicht, seine finanziellen Verdienste über das Ende der Karriere zu retten. Auch auf Schalke soll er sich bei Manager Assauer regelmäßig fünfstellige Beträge als Vorschuss geliehen haben, um in Häuser in seiner brasilianischen Heimat zu investieren. Möglicherweise ein Thema, den Ailton bis heute finanziell nicht verkraftet hat.
Was nach Schalke folgte, ist die bis heute nicht endende Vereinswechselserie, die den Begriff Wandervogel eher positiv beschreibt. 12 Vereine in 6 Jahren, Ailton konnte nirgends richtig Fuß fassen und hat den optimalen Zeitpunkt zum Beenden der Karriere längst überschritten. Ob seine Verpflichtung aufgrund des zu erwartenden Medienechos getätigt wurde, ein Sponsor sein Gehalt bezahlte oder es tatsächlich Hoffnungen gab, Ailton könne unterklassigen Vereinen weiterhelfen, eines war sicher: Nach spätestens 6 Monaten war Ailton wieder weg. Für keinen Club absolvierte er mehr als 14 Spiele.
In Interviews erwähnte er immer wieder, dass er nach Deutschland zurückkehren möchte, idealerweise nach Bremen, denn dort war seine beste Zeit. Und dank eines Fehlschusses am letzten Spieltag im direkten Duell eben gegen „sein“ Werder Bremen haben ihm seine grün-weißen Fans auch den unverständlichen Ausflug zum Erzrivalen HSV im Jahr 2006 verziehen. Die anschließende Wahl zum „HSV Spieler der Saison“ auf der offiziellen Vereinswebsite wurde mehrfach neu gestartet und schließlich abgebrochen. Vermutlich durch Zutun einiger Fans von Bremen und St.Pauli lag Ailton zwischenzeitlich mit über 85% der Stimmen an der Spitze. Der Verein ernannte kurzerhand die eigenen Fans zum Sieger.
Ansonsten waren es häufig vertragliche Streitereien, fehlende Fitness oder ein verlängerter Weihnachtsurlaub, die die Verträge von Ailton mit seinen Clubs platzen ließen. Waren es zu seiner Zeit in Bremen größtenteils positive Nachrichten, so wurde der Kugelblitz und Publikumsliebling immer mehr zu einer medialen Witzfigur. Dabei scheiterte er auch immer wieder an dem Unterschied zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung. „Ailton auswechseln – immer Fehler.“ und „Wenn ich Trainer wäre und hätte einen Ailton in der Mannschaft, würde Ailton immer 90 Minuten spielen. In jedem Spiel!“. Das sahen einige Verantwortliche anders.
Ob Ailton sich von den Engagements bei Metalurh Donezk (Ukraine), SCR Altach (Österreich), Chongqing Lifan (China) oder KFC Uerdingen wirklich sportliche Entwicklung erhoffte, bleibt zweifelhaft. Vielmehr soll Ailton große finanzielle Probleme gehabt habe und bis heute von ihnen geplagt sein. Große Autos, Schmuck, einen eigenen Reitstall, die Verlockung war groß, wie bei jedem Fußballmillionär. 2007 wollte Ailtons ehemaliger Berater Werner Helleckes die Torjägerkrone von 2004 bei ebay verkaufen, um die angeblichen Schulden, die der Stürmer bei ihm haben sollte, zu begleichen. Ailton selbst unterband den Verkaufsversuch bei einem Gebot von 600.000 Euro etwa 90 Minuten vor dem Ablauf der Auktion und stellte die Trophäe anschließend dem Werder-Museum (Wuseum) zur Verfügung. Der Vorfall hatte jedoch zur Folge, dass die Medien auf die scheinbar schlechte finanzielle Situation des Kugelblitz‘ aufmerksam wurden. Ailton musste sich viele Fragen stellen lassen.
Ob er alles verprasst hat und deshalb auf Ausverkaufstour um die Welt reist bleibt anzunehmen, seinem Ruf haben die Kurzengagements wohl eher geschadet. Auch deshalb liegt die Vermutung nahe, dass der Weg ins RTL Dschungelcamp eher notgedrungen als freiwillig angetreten wird. Auch wenn sich Ailton nie für verrückte und eigenwillige Ideen zu schade war, wie ein Auftritt bei der Pro7 Autoball-WM oder die geplante Kandidatur zum Bürgermeister seiner Heimatstadt, der sympathische Toni reiht sich mit seinem Gang ins Camp ein in die Pleitegeierveranstaltung, wie es zuvor schon Eike Immel und Jimmy Hartwig unternommen haben. Seine Siegchancen sind aufgrund seiner anhaltenden Popularität nicht gering, im Gegenteil. Mit Charme und Humor könnte Ailton in der Medienszene wieder positiv in Erscheinung treten. „Ailton musse gehe Dschungelcamp. Esse, Aufgabe, musse gewinne. Das Ailton.“ Ganz nach dem Motto: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich gänzlich ungeniert. Wir sind gespannt, wie Ailton sich mit Hoden, Maden und sonstigen Kriechtieren herumschlägt und wünschen guten Appetit.
Das ist Ailton
Geburtstag: 19. Juli 1973
Nationalität: Brasilien
Bundesligavereine: Werder Bremen, Schalke 04, Hamburger SV
Bundesligaspiele: 219
Bundesligatore: 106
Länderspiele: 0
Länderspieltore: 0
Platzverweise: 1
Titelgewinne: Deutscher Meister 2004, DFB-Pokalsieger 1999, 2004, Bundesliga-Torschützenkönig 2004, Fußballer des Jahres 2004